Test:

TMB 115/805 und Scopos 80/560 als Teleobjektive für die Naturphotographie

Als Besitzer eines TMB 115/805 mm Apochromatischen Refraktors und eines Scopos 80/560 APOs und gleichzeitig begeisterter Naturphotograph stellt sich die Frage, in wie weit diese Optiken als Ersatz-Supertelebjektiv für die Naturphotographie nutzbar sind.
Hier möchte ich einige Vor- und Nachteile schildern, die sich aus mehreren Testeinsätzen ergeben haben.

Gründe für den Einsatz eines APOs statt eines Teleobjektives könnten sein:

  • Die original Canon (oder auch Nikon) Tele-Festbrennweiten von 500 mm und größer (beispielsweise das bei Naturphotographen beliebte Canon EF 500/4 L IS USM) sind enorm teuer. Einen Astro-APO mit ähnlicher Brennweite und Lichstärke bekommt man deutlich günstiger. Zudem bietet es sich an eine vorhandene Investition zu nutzen.
  • Die besagten Canon-Teleobjektive sind Spezialisten und lassen sich nicht oder nur begrenzt für die Astrophotographie einsetzen, da die Abbildungsqualität im Vergleich zu einem TMB- APO an einem Stern (als perfektes Killer-Testobjekt für jede Optik) deutlich abfällt (siehe dazu auch diverse Tests im Internet, die dies bestätigen). Die Teleobjektive sind mit einem deutlich größeren Zerstreuungskreis gerechnet worden, als astronomische Objektive. Deshalb wird sich der passionierte Astronom/Astrophotograph eher für einen Astro-APO als für ein Teleobjektiv entscheiden.
  • Die überlegene Schärfe eines APOs müsste eigentlich in der Naturphotographie nutzbar sein.
  • Ist der Astronom vom schlechten Wetter genervt, kann das teure Teleskop auch anderweitig genutzt werden.... ;-)

Dem gegenüber sind alleine aus Überlegungen heraus sofort einige gravierende Nachteile zu nennen:

  • Astrooptiken beitzen keinen Autofokus. Es muss manuell über den Okularauszug fokussiert werden. Dies ist praktisch nur mit einer DSLR und mit Live-View im 5x oder 10x vergrößernden Modus möglich. Die normale Mattscheibe in einer DSLR ist dafür ungeeignet. Präzise Fokussierung ist notwendig. Zudem ist man auf sich nur langsam bewegende oder stationäre Objekte beschränkt (z.B. ruhende oder brütende Wasservögel)
  • Astrooptiken sind schwer. Kann der Scopos 80/560 mm gerade noch von einem guten Fotostativ mit Kugelkopf gehalten werden, so ist jedes normale Fotostativ mit der 11 kg schweren TMB-Optik überfordert. Hier muss also eine astronomische Montierung samt schwerem Dreibein als Fotostativ herhalten. Damit ist diese Version nicht mehr flexibel tragbar und transportierbar. Der Beobachtungsort muss gut ausgewählt sein (z.B. eine Beobachtungshütte an einem Vogelschutzgebiet).
  • Astrooptiken besitzen keinen Bildstabilisator.  Deshalb muss mit Fernauslöser, Speigelvorauslösung gearbeitet werden und die Montierung muss umso stabiler sein.

Dieser kurze Vergleich zeigt schon: eine Astrooptik als Ersatz-Tele kann nur ein Kompromiss sein. Ist das Budget knapp, oder lässt der Lottogewinn noch auf sich warten, ist dies aber ggf. doch interessant.


Folgenden Fragen wollte ich deshalb in einigen Feldversuchen beantworten:

  1. Kann die Schärfe der beiden APOS, welche sie unter dem Sternenhimmel bereits bewiesen hatten, auch in der Tageslichphotographie überzeugen?
  2. Wie Umständlich ist die Benutzung bedingt durch das schwere Stativ und den fehlenden Autofokus?
  3. Ist die Benutzung eines 1,4x Telekonverters zur weiteren Erhöhung der Brennweite möglich?
  4. Ist eine Bildfeldebnung zwingend notwendig?

Dazu wurden einige Aufnahmen mit dem TMB-APO und dem SCOPOS geschossen.

 

I. SCOPOS 80/560

Auf dem ITV 2008 (Teleskoptreffen Vogelsberg) hatte ich Gelegenheit und Tagsüber auch die nötige Muße den Scopos an dem nahe gelegenen zu dem Campingplatz gehörigen See zu testen. Ein Haubentaucher war tagsüber damit beschäftigt in Ufernähe (ca. 20-30 m von der Kamera entfernt) nach Fischen zu tauchen. Ein schönes Objekt für einen Optiktest, da das Zielobjekt sich nicht allzu schnell bewegte.
Montiert auf ein Gitzo Basalt Stativ samt mittelschwerem Kugelkopf war dies Kombination mit dem Scopos und einer Canon 40D allerdings recht schwingungsanfällig montiert. Dafür ließ sich Dank Kugelkopf die Optik schnell auf das Zielobjekt einstellen und nachführen.


Der Live-View an der Canon 40D zeige nun wozu dieses Feature in der Tageslichtphotographie nun wirklich sinnvoll ist. Denn auf der recht grobkörnigen Standard-Mattscheibe der 40D ließ sich nicht wirklich sauber scharf stellen. Fast allen ohne Live-View fokussierten Bilder fehlte es am optimalen Schärfepunkt. Mit eingeschaltetem Live-View war das Ergebnis nicht viel besser, da das recht niedrig auflösende Display der 40D mit ca. 230000 Bildpunkten keine wirklich zuverlässige Schärfebeurteilung zulässt. Erst die Aktivierung des 5x Digitalzooms erlaubt es eine gute Schärfeeinstellung zu finden. Die 10x-Zoom-Option ist dafür nicht notwendig. Allerdings erkauft man sich damit sofort einen gravierenden Nachteil: der Bildausschnitt wird sehr klein; verliert man das Zielobjekt aus dem 5x-Zoombereich, so muss man wieder herauszoomen und das Objekt neu anvisieren. Bei bewegten Objekten ein anstrengendes Unterfangen.
Die Schärfe des SCOPS 80/560 ohne weitere Konverter oder Bildfeldebner kann sich allerdings sehen lassen. Im Vergleich zum Canon 100-400 L IS USM mit 1,4x Konverter und einer Endbrennweite von ebenfalls 560 mm konnte bei optimal eingesteller Schärfe kein Schärfennachteil beim Scopos gesehen werden. Hingegen hat der Scopos einen kleinen Vorteil hinsichtlich der Lichtstärke:

  • SCOPOS: 80 mm Öffnung, 560 mm Brennweite ergibt f/7
  • Canon 100-400 @400mm f/5.6 mit 1,4x Konverter ergibt f/8

Hier ein Beispielbild eines Haubentauchers auf dem Gedener See aufgenommen mit dem Scopos und einer Canon 40D. Oben: das Gesamtbild, unter: eine 1:1 Auschnittsvergößerung.

Die Aufnahme wurde ohne Bildfeldebnung geschossen.

Auch bei kritischer Betrachtung von weiteren Original RAW-Aufnahmen bei 100% Vergrößerung und Schärfevergleich der Bildmitte zu den Ecken konnte man keinen praxisrelevanten Unterschied feststellen.
Bei Aufnahmen von Sternfeldern ohne Bildfeldebnung hingegen zeigt der SCOPS deutliche Randverzerrungen bedingt durch die inhärent vorhandene Bildfeldwölbung. Hier zeigt sich, dass sich solche Schärfenunterschiede in der Tageslichtphotographie nicht bemerkbar machen, da die aufgenommenen Szenerien eine doch zu unterschiedliche Bildstruktur aufweisen, als dass solche feinen Unterschiede sichtbar wären.
Gleiches gilt für die Vignettierung. Theoretisch vignettiert die recht klein gehaltene T2-Adapter, der das Kamerabajonett mit dem 2“-Auszug des Teleskoptubus verbindet, doch ist bei f/7 das Strahlenbündel schon recht flach. Würde man eine Brennweitenreduzierung mittels Telekonverter durchführen, wäre das Problem Vignettierung ggf. eher relevant.

II. TMB 115/805

Bei diesem Refraktor handelt es sich um einen vom A&M gefertigten Carbontubus mit 3,5“  Starlight-Okularauszug. Die gesamte mechanik ist auf Stabilität getrimmt, was der Astrophotograph zu schätzen weiss, da sich hier wirklich nichts verbiegen kann. Dementsprechend schwer ist der Tubus: 9 kg plus weitere 2 kg für Rohrschellen und Montageplatte. Damit ist jedes Fotoistativ und auch viele kleinere astronomische Montierungen überfordert. Um wirklich kein Risiko einzugehen den wertvollen Refraktor zu beschädigen kam deshalb nur die Montage auf der dafür vorgesehenen astronomischen Montierung samt Dreibein in Frage: eine Vixen New Atlux plus Baader Hartholzstativ, eine Kombination die astrophototechnisch als ausgewogen bezeichnet werden kann. Gesamtgewicht des Unterbaus  inklusive des notwendigen 7 kg schweren Gegengewichtes: ca. 40 kg.......

Damit ist klar: nur ein fester Beobachtungsplatz ist sinnvoll, der mit dem PKW zu erreichen ist. Da man als Astronom hinsichtlich Schlepperei von Equipment schon abgebrüht ist, sollte das aber kein Hinderungsgrund sein, ein paar Testaufnahmen in einem nahegelegenen Vogelschutzgebiet zu machen (die Rieselfelder in Münster). Eine Beobachtungshütte an einem der Teiche wurde für die Aufstellung des Teleskopes gewählt, da er direkt in Straßennähe liegt. Die Montierung wurde in eine quasi-azimutale Position gebracht, um horizontales und vertikales Schwenken zu vereinfachen. Trotzdem muss ein Gegengewicht  angebracht werden, da das Risiko zu hoch war, dass der schwere Tubus in einem Moment der Unaufmerksamkeit nach unten kippt.
Die Kamera, eine Canon 1D Mark III, wurde mittels T2-Adapter an dem Okularauszug befestigt und mit einem Kabelauslöser versehen. Im Kameramenü wurde der Modus Zeitautomatik, Spiegelvorauslösung und 2 Sekunden Auslöseverzögerung zur Verringerung der Schwingung eingestellt. Die Empfindlichkeit wurde auf 800 ASA eingestellt, um eine kurze Belichtungszeit zu erzielen. Da an diesem Tag alle dort rastenden Wasservögel (u.a. Kormorane und Kanadagänse) sowie in einiger Entfernung ein nach Futter suchender Nutria in geschätzten mehr als 150 m  Entfernung zu finden waren, kam zusätzlich noch ein 1,4x Telekonverter zum Einsatz. Dieser (ein Kenko 300 Super Pro) lässt sich allerdings nicht ohne weiteres ohne ein EF-Objektiv betreiben. Die Kamera zeigt dann eine Fehlermeldung an. Deshalb muss man die Kontaktstifte an dem Konverter Kameraseitig mit einem dünnen Tesa-Streifen abdecken.
Tortz der daraus resultierenden Brennweite von 1130 mm und f/10 waren die Tiere immer noch recht klein abgebildet.
Es wurde eine Serie von Aufnahmen gemacht, jeweils manuell per Live View neu fokussiert.
Bei betrachtung der RAW-Aufnahmen an ein em PC-Monitor bei 100% Vergrößerung zeige dann aber doch sichtbare Schärfemängel in der Bildfeldmitte. Es konnte allerdings auch kein weiterer Schärfeabfall zum Bildrand hin registriert werden.
Anbei eine Beispielaufnahme. Oben: das Gesamtbild. Unten: eine 1:1 Ausschnittsvergrößerung.

Fazit und Ausblick:

  • Zumindest der Scopos, montiert auf einem Fotostativ mit Kugelkopf, konnte hinsichtlich Schärfe und Bedienbarkeit bzw. Flexibilität überzeugen. Das relativ geringe Gewicht des Tubus ermöglich den einfachen Transport. Allerdings ist der praktische Vorteil gegenüber dem Canon EF 100-400 Telezoom nicht gegeben. Die Schärfe ist bei 560 mm ähnlich und der unterschied in der etwas besseren Blenden bei Scopos fällt in der Praxis nicht ins Gewicht.
  • Beim TMB macht das sehr hohe Tubusgewicht einen flexiblen Einsatz praktisch unmöglich. Dafür gelangt man in Brennweitenbereiche von 800 bzw. 1100 mm bei f/7 bzw. f/10, die nur mit den größten Canon Teleobjektiven (EF 500/4, 600/4 und EF 800/5,6) plus Telekonverter erreichbar sind. Letzteres kostet über 10000 Euro...
  • Die Schärfeleistung des TMB mit 1,4x Telekonverter bei 1100 mm Brennweite enttäuschte hingegen. Unklar ist noch, ob dies von der Primäroptik oder dem Telekonverter hervorgerufen wird.
  • Zu testen ist noch, ob der TMB plus Brennweitenreduzierung auf 500 mm und Verbesserung der Blende auf interessante f/4,3 eine Option für weniger entfernte Objekte ist.